Der Karneval ist die berühmteste Sehenswürdigkeit von Binche in Belgien.
Der erste Umzug fand bereits 1395 statt.
Der Karneval in Binche ähnelt der alemannischen Fasnacht.
Einmal im Jahr treiben in Binche tanzende "Gilles" ihr Unwesen.
Der Karneval in der südbelgischen Stadt ist ein Spektakel.
Am Fetten Dienstag kommen selbst Faschingsmuffel auf ihre Kosten.
Die Straßen liegen noch menschenleer im fahlen Laternenlicht.
Gerade hat die Kirchturmuhr 4.30 Uhr geschlagen.
Olivier de Angelis gähnt und reibt sich die Augen.
„Halt doch endlich still“, ruft sein Vater Guy und stopft dem 45-Jährigen Unmengen Stroh unter die Jacke.
Er zerrt, drückt, klopft und mustert schließlich seinen Sohn von allen Seiten.
Er ist zufrieden: Aus Olivier ist ein Buckliger mit spitzenbesetzter Halskrause und Haube geworden, eingezwängt in einem rot-gelb verzierten Anzug. „Voilà, das ist ein echter Gille“, sagt Olivier.
Bereits seit zwei Tagen ist die belgische Stadt Binche, rund 60 Kilometer südlich von Brüssel, im Karnevalsrausch:
Am Fetten Sonntag dürfen auch die Frauen mitmachen.
Der "Mardi Gras" = "der Fette Dienstag" bleibt aber reine Männersache:
Ein weiblicher Gille am wichtigsten Tag des Carnaval de Binche ist und bleibt undenkbar.
„Da halten wir uns gerne raus“, sagt Oliviers Ehefrau Marie-Anne und winkt ab. „Emanzipation hin oder her, mir wäre das zu anstrengend.“
Immerhin sind die Gilles fast 24 Stunden lang auf den Beinen.
Ihre ausgestopften Kostüme legen sie die ganze Zeit nicht ab.
Ein Privileg haben die Gilles am Mardi Gras immerhin:
Sie ernähren sich größtenteils von Champagner und Austern.
Freunde und Verwandte drängen sich im Wohnzimmer, um die Verwandlung zum Gille zu beobachten.
Champagnerflaschen machen die Runde, grobe Wurst- und Käsestücke werden gereicht.
Um kurz vor 5.00 Uhr dröhnen Trommelwirbel von draußen herein.
Olivier muss los.
Auch sein Sohn Adrien ist mittlerweile umgezogen.
Der 14-Jährige läuft zum ersten Mal bei dem Umzug mit. Vorher war er bei den Harlekinen.
Auf der Straße warten die „Tambours“ der Karnevalsgesellschaften.
Sie gehen mit ihren großen Trommeln von Haus zu Haus, um jeden Gille abzuholen und zu den Umzugstreffpunkten zu bringen.
Kommt ein neuer Gilles hinzu, wird in dessen Haus ein Glas Champagner getrunken.
Dann geht es zum treibenden Rhythmus in Trippelschritten weiter.
Bald klackern und läuten die Holzschuhe und Glockengürtel von mehr als 1000 Gilles durch die Gassen.
Begleitet werden die Gruppen von unkostümierten Freunden und Verwandten.
Bald schon wippen sie im gleichen Rhythmus wie die Gilles.
„Dieses Klackern ist einfach magisch“, sagt eine Frau aus Tournai an der Grenze zu Frankreich. „Fast wie Hypnose:
Man muss einfach mitmachen.“
Der Bincher Karneval gilt als einer der ältesten der Welt.
Seine Anfänge sollen bis ins 14. Jahrhundert zurückreichen. Auskunft über die Herkunft der Gilles gibt das Internationale Karnevals- und Maskenmuseum im Ort.
Dieser 1995 erschienene Block würdigt das Karnevals- und Maskenmuseum in Binche und zeigt als Motiv des eingedruckten Postwertzeichens die Maske eines
Gille: