Legt man das Thema "Brustschild" eng entsprechend der Überschrift "Brustschildmarken sammeln ohne dickes Portemonnaie" aus dann hat der folgende Beleg nichts in einer solchen Sammlung zu suchen, denn es wurde keine Brustschildmarke verklebt!
Bezieht man sich aber etwas weiter gefasst mit seiner Sammlung auf die Zeispanne der Gültigkeit der Brustschildmarken, dann gehören Belege wie dieser dazu und sind oft das Salz in der Suppe einer solchen Sammlung.
Es handelt sich um ein gedrucktes Formular "Documentum Insinuationis" = Zustellungsurkunde:
Bereits 1793 sah die allgemeine Gerichtsordnung für die preußischen Staaten Briefe mit Zustellungsurkunde vor. Das Gericht erhielt, als Ausweis für die Akten, ein „Einlieferungsattest“, später „Aktenschein“ genannt. Der Postbote hatte „die richtige Insinuation (Zustellung) auf seine Pflicht zu attestieren“. 1838 wurde diese Vereinbarung präzisiert. Die Gebühr für die Gerichtsbehörden betrug 4 Silbergroschen (Sgr.) zu der Briefgebühr für die Rücksendung der Insinuationsurkunde, 1842 wurde die Gebühr auf 3 Sgr. plus Briefgebühr gesenkt.
Der Norddeutsche Postbezirk verlangte 1869 für "Schreiben mit Behändigungsschein", wie sie nun genannt wurden, 1 Sgr. und die Briefgebühr.
Die Deutsche Reichspost ließ 1871 die Aufgabe auch für Private zu. Die Gebühr betrug in diesem Falle das gewöhnliche Briefporto für den Hin- und Rückweg plus 2 Sgr. bzw. 7 Kreuzer (Kr.) Zustellungsgebühr. "Einschreiben" war zulässig, in diesen Fällen erfolgte die Zustellung ausschließlich an den Empfänger oder seinen Bevollmächtigten.
In der Postordnung von 1872 heißt es: „Wünscht der Absender eines gewöhnlichen oder recommandierten Briefes über die erfolgte Bestellung eine postamtliche Bescheinigung zu erhalten, so muss dem Brief ein gehörig ausgefüllter "Behändigungsschein" = "Insinuations-Document" äußerlich beigefügt und auf der Adresse vermerkt werden: ‚Mit Behändigungsschein‘.
Auf die Außenseite des zusammengefalteten Behändigungsscheins ist vom Absender des Briefes die für die Rücksendung erforderliche Adresse zu setzen.“
An Porto wurde erhoben:
1) das tarifmäßige Porto für den Hinweg,
2) eine Insinuations-Gebühr, von einem Gericht oder Notar von 1 Sgr. bzw. 4 Kr, von Privatpersonen 2 Sgr. bzw. 7 Kr. und
3) das tarifmäßige Porto für die Rücksendung des Behändigungsscheins.
Für Adressaten im Orts- oder Landbestellbezirk kam zur Insinuations-Gebühr, die tarifmäßige Bestellgebühr für Briefe im Ortsbestellbezirke bzw. ein Landbriefbestellgeld von ½ Sgr. bzw. 2 Kr. hinzu.
Der gezeigte "Postbehändigungsschein" wurde am 13.04.1873 mit "2" Sgr. korrekt als Brief von einem Gericht mit 1 Sgr. Insinuationsgebühr plus 1 Sgr. als tarifmäßiges Briefporto belegt.
Als Aufgabestempel diente ein nachverwendeter preussischer Zweikreisstempel "LUBICHOW".
Dieser Beleg stammt aus meinem Briefbestand und ich habe ihn für diesen Thread genommen, weil er meiner Meinung nach sehr gut in eine solche Sammlung hineinpasst.
Als heutigen Marktwert setze ich hier einmal 20 € als aktuell für diese Sammung geplanten Durchschnittspreis an, womit dieser Beleg "preisneutral" in die Sammlung aufgenommen wird.
Liebe Grüße
Rüdiger