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Preußen - Dienstbriefe mit Beamtenstempel

In diesem Thread soll das Wirken der Preußischen Post nach dem Ende der Franzosenzeit ab 1813 bis zur Ausgabe der ersten Preußischen Briefmarken am 15.11.1858 dokumentiert werden.

Moderator: Rüdiger



Beiträge: 17404
In Preußen genossen in Justiz-Angelegenheiten zahlreiche Behörden und Institutionen Portofreiheit.

In vielen Fällen dokumentierte entsprechend einem 1837 erschienenen Regulativ der die Post aufgebende Beamte mit seinem speziellen Namensstempel diese Portofreiheit:

beamte11.jpg
Diese Beamtenstempel werden im Supplement des Kataloges "Deutsche Vorphilatelie" von Peter Feuser und Werner Münzberg erwähnt, aber nicht bewertet. Auf 15 Seiten werden Hunderte Stempel in mannigfaltigen Formen abgebildet.

In der DBZ 19/1995 gab es ebenfalls eine kurze Abhandlung zu dem Thema.

Diese Stempel dienten dazu, dem Brief die Portofreiheit zu bescheinigen und wiesen nach, daß und welcher Beamte dieses Privileg überprüft hat.

Liebe Grüße
Rüdiger

Beitrag So 7. Sep 2014, 23:46

Beiträge: 17404
Beginnen wir unseren Ausflug mit diesem Beleg mit Beamtenstempel "SCHOLZ" aus Ratibor.

Kurios fand ich zunächst einmal, daß der Anbieter nicht gemerkt hatte, das der Beamte "SCHOLZ" seinen Beamtenstempel in diesem Falle kopfstehend abgeschlagen hatte. Daher wurde dieser Beleg mit dem seltenen Beamtenstempel "STOHOS" aus Ratibor angeboten! :shock:

Der Brief vom 24.07.1847 trägt einen Zweikreisstempel "RATIBOR 24 7", wog "24 Loth" und es handelte sich um einen Paketbegleitbrief "Mit Akten M. S." zu einer "Justiz-Dienst-Sache" von Ratibor nach Myslowitz:

IMG_0016 - Kopie.jpg
Liebe Grüße
Rüdiger2301


Beiträge: 2537
Hallo Rüdiger,

ob ich dafür Euro 9,50 hergegeben hätte? ;) Wenn ich "Ratibor" als Heimatsammlung aufbauen wollen würde, dann schon eher, wenn nicht sogar ganz sicher. Der Anbieter schreibt "mit Jahreszahl". Wenn aber kein Text vorhanden ist, mit dem die "1847" gesichert werden kann, dann ist das natürlich fraglich. Wo kann der Anbieter diese "1847" herhaben? Die Datierung so genannter Briefhüllen ist eine kleine postgeschichtliche Wissenschaft für sich.

Als Ergänzung möchte ich gern das "Sport." vor der "Just. Dienst Sache" als eine geläufige Abkürzung für "Sportulen" anfügen.
IMG_0016 - Kopie-Detail.jpg


Sportulen, auch ein sehr interessanten Thema. ;)

Liebe Grüße
Matthias


Beiträge: 17404
Hallo Matthias,

vielen Dank für die Erklärung zu dem "Sport." = Sportulen. "Sportula" steht lateinisch übrigens für einen kleinen Flechtkorb, in dem Geschenke überreicht wurden.

"Sportulen" oder "Sporteln" (Singular Sportel) waren ursprünglich das Entgelt, das Untertanen für gerichtliche Handlungen oder sonstige Amtshandlungen zu entrichten hatten. Sie wurden lange Zeit ganz oder teilweise den die Staatstätigkeiten ausführenden Beamten überlassen. Sporteln waren Teil der Emolumente und können insofern als ältester Geldbestandteil der Besoldung angesehen werden.

Dieses Besoldungswesen unterstand dem Prinzip, dass das Amt und damit die Einwohner des Gebietes den Beamten zu unterhalten hatten.

Der Brief enthält als Faltbrief noch seinen gesamten Text, aus dem die Jahreszahl 1847 eindeutig mehrfach hervor geht:

IMG.jpg
Liebe Grüße
Rüdiger


Beiträge: 2537
Hallo Rüdiger,

schön, dass das Datum aus dem Text hervor geht.

Der Thread fusst ja auf dem Beamtenstempel. Hast Du eine weitere Quelle parat, aus der hervorgeht, wer die Kosten für die Anfertigung des Stempels zu übernehmen hatte? Der Beamte selbst? Die Behörde?

Und ab wann musste ein Beamter jede postalische Sendung "gegenzeichnen"? Es hätte ja auch die eigenhändige Unterschrift des Beamten auf der Titularseite ausgereicht.
beamte11a.jpg


Ein Beispiel für erst eigenhändige Unterschrift und dann Stempel suche ich mal raus.

Liebe Grüße
Matthias


Beiträge: 2537
Ein paar Scans für ein Beispiel, dass ein Beamter sowohl mit eigenhändiger Unterschrift als auch mit Stempel "beglaubigte", kann ich schon mal zeigen. Wobei ich mich für Schwedter Beispiele und den Beamten "Platting" entschieden habe, weil hier wieder auf das "Sportulen" eingegangen wird. Alle gezeigten Vorphilabelege sind leider nicht datierbar, diese Schwedter Zweizeiler kommen im Zusammenhang mit "Platting" aber nur in der Vormarkenzeit vor.

Heute erst 5 Titularseiten. Diese 3 mit hs "Platting" und der Abk "Spfr." in der portobefreienden Zeile. Dann die anderen 2, die das "Spfr." auflösen.

Spfr. Justiz Dienst Sache.
Platting-1.jpg


Spfr. Justiz verwaltungs Sache.
Platting-2.jpg


Spfr. J(ustiz) Dienst Sache.
Platting-3.jpg


Liebe Grüße
Matthias


Beiträge: 2537
Und auf diesen beiden Titularseiten wurde das "Spfr." ausgeschrieben.

Sportulfreie Justiz Dienst=Sache.
Platting-4.jpg


Sportulfreie Justiz Dienst=Sache.
Platting-5.jpg


Ob man davon ausgehen kann, dass das "Sport." mit "Sportulfreie" aufgelöst werden kann, bleibt allerdings noch zu klären.

Liebe Grüße
Matthias

Beitrag Mo 8. Sep 2014, 22:55

Beiträge: 17404
Dieser nach Birnbaum adressierte Faltbrief wurde am 17.07.1838 in Schneidemühl aufgegeben:

IMG_0004.jpg
IMG_0005.jpg
IMG_0006.jpg
Schneidemühl lag in der 1824 entstandenen "Provinz Preußen".

Das Gebiet um die westpolnische Stadt Międzychód = "Birnbaum" fiel nach dem Wiener Kongress am 15.05.1815 erneut an das Königreich Preußen.

Im Zuge der allgemeinen Neuorganisation der Kreisgliederung im preußischen Staat wurde zum 01.01.1818 ein Kreis Birnbaum neu festgelegt.

Sitz des Landratsamtes wurde die Stadt Chalin, ab dem 01.06.1833, also zur Zeit dieses Beleges Sieraków (Zirke) und ab 1867 schließlich Birnbaum.

In diesen Thread paßt der Beleg wegen eines Beamtenstempels "RUDOLFF", der auf dieser "Justiz-Dienst-Verwaltungs-Sache" zur Dokumentation der Portofreiheit abgeschlagen wurde.

Liebe Grüße
Rüdiger2301


Beiträge: 2537
So, nun noch fix die Platting-Beispiele für seinen Beamtenstempel "bgl. Platting". Der erste kann leider nicht datiert werden, obwohl der so genannte erste Schwedter L2 abgeschlagen wurde. Die ersten Schwedter L2-Stempelgeräte wurden lange Zeit parallel benutzt

Herrschaftl.(iche) Justiz Dienst=Verwaltungs Sache.
PlattingStempel-1.jpg


Beim Zweiten kann, durch den Text gesichert, das Jahr 1840 angegeben werden.

Herrschaftl.(iche) Justiz=Dienst=Einrichtungs=Sache.
PlattingStempel-2.jpg
PlattingStempel-3.jpg


Liebe Grüße
Matthias


Beiträge: 17404
Der Kreis Preußisch Stargard war ein von 1818 bis 1920 bestehender preußischer Landkreis im Regierungsbezirk Danzig.

Mit diesem gehörte er zur Provinz Westpreußen, zwischenzeitlich von 1829 bis 1878 zur Provinz Preußen.

Dieser an einem 10.12. als "Kgl Dienstablösungs-Sache" portofrei in Preußisch Stargard aufgegebene Brief ist adressiert "An Eine Königl. Preuß. Hochlöbliche Regierung Zweite Abtheilung des Innern zu Marienwerder" und trägt einen zweizeiligen Langstempel "PR: STARGARD 10 12":

IMG - Kopie.jpg
Die Portofreiheit dokumentierte ein Beamtenstempel "KOSSINNA".

Liebe Grüße
Rüdiger2301

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