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ABP Berlin - Kriegsgefangenenpost

Moderator: Rüdiger


Beitrag Mi 18. Dez 2013, 12:23

Beiträge: 14461
Die Auslandsbriefprüfstelle = ABP Berlin war von März 1941 bis November 1944 für die Zensur der Post von und an deutsche Kriegsgefangene in alliierten Lagern zuständig.

In diese Periode fällt dieser portofreie Kriegsgefangenenbrief, adressiert nach Telfs in Tirol, das im deutschen Postleitgebiet "12b" lag:

IMG_0001 - Kopie.jpg
Am 25.07.1941 gab das Reichspostministerium mit der Verfügung 407/1941 in seinem Amtsblatt die Einführung von „Päckchenleitgebieten“ bekannt, die zunächst nur für den Paketdienst galten. Es gab 24 Päckchenleitstellen mit Unterleitstellen, die von 1 bis 24 durchnummeriert wurden. Die Gebiete entsprachen im Allgemeinen der Gaueinteilung und damit auch den Oberpostdirektionsbezirken. Diese wurden durch zweistellige, numerische PLZ gekennzeichnet, zum Beispiel 21 für die Provinz Westfalen.

Am 19.10.1943 erschien eine „Anweisung für den Briefverteildienst“ mit der allgemein verbindlichen Einführung von 32 Leitgebieten im zivilen Postverkehr.

Hier eine Karte mit den im Deutschen Reich 1943 geltenden Postleitgebieten:

PLZ_1943.png
Nun aber zurück zu unserem Kriegsgefangenenbrief!

In der ABP = Auslandsbriefprüfstelle Berlin wurde der Faltbrief geöffnet und mit einem von 2.44 bis 4.45 verwendeten 40 mm breiten Verschlußstreifen, Landsmann BV3.4,

"Oberkommando der Wehrmacht Geöffnet",
Adlerflügel zeigt links auf "m",
rechts auf den oberen Strich des "h",
Druck dunkelgrau,
Papier grau,

wieder verschlossen.

Die durchgeführte Zensurierung dokumentierte ein von 2.44 bis 12.44 im Einsatz gewesener Prüfstempel "Oberkommando der Wehrmacht geprüft" in Rot, Landsmann BP4.14, bei dem

die Adlerflügel links auf "r", rechts auf "ma" zeigen,
der Abstand von "b"-Strich zu "b"-Strich gut 21 mm beträgt,
die Verlängerung des linken "b"-Striches auf die Mitte des "O"

zeigt.

Klappt man den Faltbrief auf und sieht sich die Innenseite an, dann findet man zwei weitere interessante Details:

kgf.jpg
Statt einer Adresse wurde ein Stempel abgeschlagen:

"ADRESSE FOLGT NACH ANKUNFT IN EINEM BESTÄNDIGEN GEFANGENEN LAGER".-

Der Absender "Franz Dvorak" befand sich somit noch auf dem Transport zu "seinem" Kriegsgefangenenlager, als er diesen Brief an seine Eltern schrieb.

Es läuft ein blauer Pinselstrich quer über die gesamte Innenseite des Faltbriefes!

Dabei handelt es sich um "Wasserblau", ein Stoffgemisch von Triphenylmethanfarbstoffen, wie es damals in handelsüblicher Tinte vorkam:

wasserblau.jpg
Nun hat aber nicht etwa der Absender diesen Tintenstrich angebracht.

In der ABP Berlin gab es eine Abteilung "Chemische Zensur", die mit dieser Methode stichprobenartig Postsendungen auf Mitteilungen hin untersuchte, die in unsichtbarer Schrift geschrieben waren.

Eine damals mögliche Methode war, solche unsichtbaren Nachrichten mit einer eigentlich zum Entfernen von blauer Tinte gedachten, um 1930 von der Pelikan AG unter den Namen "Radierwasser" sowie "Tintentod" auf den Markt gebrachten Chemikalie zu schreiben.

Die ersten Exemplare im Handel enthielten die wirksame Substanz als gepressten Stift (ähnlich den Rasierstiften). Zum Gebrauch wurde dieser angefeuchtet und die Tinte damit gelöscht. Nachfolgende Produkte enthielten die Wirksubstanz als Lösung. Man konnte sich also ganz einfach selbst eine Lösung in Wasser herstellen und damit, wie mit sonst normaler Tinte, nunmehr aber zunächst unsichtbare Botschaften schreiben, die erst dann sichtbar wurden, wenn man das Blatt mit blauer Tinte "entwickelte"!

Liebe Grüße
Rüdiger


Beiträge: 14461
Postkartenvordruck "KRIEGSGEFANGENER PORTOFREI" mit rückseitigem Druckvermerk "5964/PMEAN - 6/43", verwendt ab Lager Nr. "306 P/W MIDDLE EAST 243", laut handschriftlicher Absenderangabe aufgegeben in "Ägypten" am "25.4.44":

001 (2).jpg
002 (2).jpg
Der Beleg wurde der ABP Berlin zugeleitet, wo vorderseitig ein Handprüfstempel in Rot, Landsmann BP4.4, abgeschlagen wurde.

Liebe Grüße
Rüdiger2304


Beiträge: 14461
Postkartenvordruck "KRIEGSGEFANGENENPOST", geschrieben am 08.10.1944, adressiert nach "1 FALKENSEE/BERLIN":

011 (2).jpg
012 (3).jpg
Diese Postkarte wurde der ABP Berlin zugeleitet, wo ein Handprüfstempel in Rot "Zensurstelle geprüft b" abgeschlagen wurde.

Liebe Grüße
Rüdiger2304


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