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Devisenüberwachung im Dritten Reich

Moderator: Rüdiger


Beitrag Fr 27. Dez 2013, 00:30

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In der Zeit des Nationalsozialismus gewannen die Devisenstellen, auch „Stellen für Devisenbewirtschaftung“ genannt, eine maßgebliche Rolle bei der Überwachung und fiskalischen Ausplünderung der deutschen Juden.

Wegen der Weltwirtschaftskrise und Rückzahlungsforderungen internationaler Kreditgeber beschränkte die Präsidialregierung unter Heinrich Brüning den freien Kapitalverkehr. Sie erließ 1931 mehrere Verordnungen zur Devisen-Zwangsbewirtschaftung und führte eine Reichsfluchtsteuer ein.

Die Reichsfluchtsteuer wurde am 08.12.1931 mit der „Vierten [Not-]Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens“ (RGBl. 1931 I, S. 699-745) eingeführt, um Kapitalflucht einzudämmen.

Die Reichsfluchtsteuer wurde bei Aufgabe des inländischen Wohnsitzes fällig, sofern das Vermögen 200.000 Reichsmark (RM) überstieg oder das Jahreseinkommen mehr als 20.000 RM betrug.

Der Steuersatz wurde auf 25 Prozent festgesetzt.

Im Jahre 1933 bestanden 29 Devisenstellen, von denen 23 unmittelbar bei den Landesfinanzämtern angebunden waren.

In ihnen waren 3350 Angestellte und Beamte tätig. Die Devisenstellen waren jeweils gegliedert in eine „Genehmigungsabteilung“ und eine „Überwachungsabteilung“, die Dienstaufsicht lag beim Reichsfinanzministerium.

Dieser nach Zürich in der Schweiz adressierte, am 31.08.1934 in Berlin aufgegebene Brief durchlief am 31.08.1934 in Berlin NW 7 die Überwachungsabteilung, wurde dort rückseitig geöffnet und mit Verschlußzetteln von der Rolle "Zur Devisenüberwachung zollamtlich geöffnet" wieder verschlossen, was ein Handrollstempel dokumentiert:

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Liebe Grüße
Rüdiger

Beitrag Fr 24. Jan 2014, 23:52

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Dieser nach Hannover adressierte Brief wurde in GOLDERS GREEN in Großbritannien am 06.12.1937 aufgegeben:

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Der Beleg wurde rückseitig geöffnet und mit einem Streifen, bestehend aus vier Verschluß-Klebezetteln, wieder verschlossen.

Jeder dieser Verschluß-Klebezettel erhielt gemäß Vorschrift einen Tagesstempel der für das Bestimmungspostamt zuständigen Sammelstelle, in diesem Fall Hannover, mit Datum 08.12.1937. Die Prüfung wurde in aller Regel von einem Zollbeamten durchgeführt.

Liebe Grüße
Rüdiger


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Dieser nach Ängelholm in Schweden adressierte Brief wurde am 16.07.1939 in SCHLESWIG aufgegeben:

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Am 17.07.1939 durchlief der Beleg die Devisenzensur im Postamt HAMBURG 1:

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Liebe Grüße
Rüdiger


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Dieser nach Boston in den USA adressierte, am 15.09.1936 in ALTONA-BLANKENESE aufgegebene Brief wurde rückseitig geöffnet und nach erfolgter Devisenkontrolle wie üblich wieder verschlossen:

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Der Verschluß wurde am 15.09.1936 per Tagesstempel "HAMBURG 1" dokumentiert, und zwar einmal mit Einstellung der Uhrzeit "4-5N" sowie einmal mit "6-7N"!

Ich tippe dabei auf eine Fehleinstellung der Uhrzeit "4-5N" im Stempel, weshalb dann die Korrektur auf "6-7N" erfolgte.

Liebe Grüße
Rüdiger


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Dieser nach Victoria in Kanada adressierte, am 27.07.1939 in Leipzig aufgegebene Brief durchlief am 28.07.1939 in Leipzig C 1 die Überwachungsabteilung, wurde dort rückseitig geöffnet und mit Verschlußzetteln von der Rolle "Zur Devisenüberwachung zollamtlich geöffnet" wieder verschlossen, was Handstempel dokumentieren:

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Liebe Grüße
Rüdiger


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Dieser am 25.01.1934 in Chemnitz aufgegebene Brief nach Buenos Aires in Argentinien sollte "Durch Luftpost Frankreich-Südamerika" befördert werden und wurde mit Postwertzeichen der Dauerserie frankiert, die bis auf eines eine Firmenlochung "W" der in Chemnitz ansässigen Firma C. H. WEISBACH tragen:

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In CHEMNITZ 4 wurde der Beleg zunächst zur Devisenüberwachung linksseitig geöffnet und nach erfolgter Prüfung mit Hlfe eines neutralen Streifens wieder verschlossen.

Auf die durchgeführte Devisenzensur weist ein Klebezettel hin, der mit einem Tagesstempelabdruck versehen wurde.

Am 27.01.1934 um 7:30 Uhr morgens durchlief der Beleg dann auf seinem bestimmungsgemäßen Beförderungsweg Marseille, wo ein Maschinenstempel als Durchgangsstempel abgeschlagen wurde.

Liebe Grüße
Rüdiger


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Dieser nach Klagenfurt adressierte, am 31.05.1939 in London aufgegebene Brief durchlief am 02.06.1939 in KLAGENFURT 2 die Überwachungsabteilung, wurde dort rückseitig geöffnet und mit Verschlußzetteln von der Rolle "Zur Devisenüberwachung zollamtlich geöffnet" wieder verschlossen, was Handstempel dokumentieren:

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Interessant ist die ausschließlich in Österreich für diese Verschlußzettel verwendete andere Schriftart, sofort erkennbar am "geraden h" in "zollamtlich"!

Liebe Grüße
Rüdiger


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In Brünn wurde die durchgeführte Devisenkontrolle per Kreisstempel "D.K. Br.2" in Violett dokumentiert, hier auf einem Beleg aus dem Juli 1939, der am 13.07.1939 in Brünn adressiert nach Aschaffenburg in das "Altreich" aufgegeben und von dort am 15.07.1939 nach Frankfurt weitergeleitet wurde:

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Es handelt sich somit um einen Mitläuferbeleg aus dem Protektorat Böhmen und Mähren, frankiert per Mehrfachfrankatur der ČSR MiNr. 349.

Nach dem "Anschluss Österreichs“, mit dem die Expansion des NS-Staats begann, bezeichneten die deutschen Behörden dessen ursprüngliches Staatsgebiet wie auf diesem Beleg vermerkt als "Altreich". Dazu zählte auch das 1935 wieder angegliederte Saargebiet, das 1920 für 15 Jahre dem Völkerbund als Treuhänder unterstellt worden war, aber weiterhin der territorialen Souveränität Deutschlands unterstand. Das Altreich entsprach also dem nach 1945 so bezeichneten Deutschland in den Grenzen von 1937. Da für alle neu eingegliederten Gebiete Gesetze erlassen und Verwaltungsverfahren geschaffen wurden, die sich von denen des Altreichs unterschieden, diente der Begriff dazu, dieses von den neu angeschlossenen oder unter deutsche Besatzungsverwaltung gestellten Gebieten zu unterscheiden. Zu diesen zählten neben Österreich u. a. auch das Sudetenland, das Memelland und die Freie Stadt Danzig, die 1920 zu einem eigenen teilsouveränen Staat erklärt worden war. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsches ... 5#Altreich)

Liebe Grüße
Rüdiger


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Dieser nach Chemnitz adressierte Brief wurde per Einschreiben am 16.05.1938 in SIBIU in Rumänien aufgegeben:

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Die Rückseite zeigt, dass dieser Beleg am 18.05.1938 per BAHNPOST mit Zug 334 befördert und an seinem Bestimmungsort Chemnitz am 18.05.1938 zwischen 23 und 24 Uhr "Zur Devisenüberachung zollamtlich geöffnet" wurde:

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Zu der Ortsbezeichnung HEYDEBRECK im Bahnpoststempel fand ich die folgende Information:
Ab 1933 führten die neuen nationalsozialistischen Machthaber groß angelegte Umbenennungen von Ortsnamen slawischen Ursprungs durch. Am 16. März 1934 wurde die Gemeinde in Heydebreck O.S. umbenannt; Namensgeber war der Freikorpsführer und späteres NSDAP-Mitglied sowie Gründer der oberschlesischen SA Peter von Heydebreck. Er war in den Kämpfen um den St. Annaberg von 1921 erfolgreich gewesen und hatte Kandrzin von polnischen Insurgenten zurückerobert. Heydebreck wurde am 30. Juni 1934 im Rahmen des sogenannten Röhm-Putsches festgenommen und erschossen; die Gemeinde führte seinen Namen jedoch bis 1945.

Liebe Grüße
Rüdiger


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Dieser nach Steckborn in der Schweiz adressierte, im September 1939 in RAVENSBURG aufgegebene Brief wurde rückseitig geöffnet und nach erfolgter Devisenkontrolle wie üblich wieder verschlossen:
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Der Verschluß wurde am 30.09.1939 per Tagesstempel "FRIEDRICHSHAFEN (BODENSEE) c" dokumentiert.

PS:
Zu dieser Zeit war die ABP Frankfurt noch nicht einsatzbereit, die erst ab Ende November 1939 Post aus dem Deutschen Reich in die Schweiz kontrollierte!

Liebe Grüße
Rüdiger2324

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