Die Katze, die vorgab ein Lama zu sein
Vor langer Zeit lebte ein Lama, der tief in Meditation war. Neben ihm lag eine Katze. Eines Tages stahl diese Katze das Schnupftabakfläschchen des Lamas, und der Lama rannte ihr hinterher und holte sich sein Schnupftabakfläschchen zurück.
Ein anderes Mal stibitzte die Katze den Rosenkranz des Lamas und verschwand damit in einem Loch. Als der Lama sie an ihrem Schwanz herauszog, riss der Schwanz plötzlich ab.
Die Katze lief weg und kam zu einem Ort, an dem viele Mäuse lebten. Dort machte sie es sich gemütlich und hängte sich den Rosenkranz des Lamas um den Hals. Eines Tages kamen einige Mäuse und umkreisten
sie misstrauisch. Diese Szene wurde auf diesem Postwertzeichen aus der Mongolei dargestellt:
Da sagte die Katze zu ihnen: „Fürchten Sie sich nicht vor mir! Ich bin eine dieser Lama
Katzen. Lasst mich Euch in der heiligen Lehre unterweisen, nach der man keine Lebewesen töten darf. Kommt! Kommt!“
Also gingen die Mäuse näher an die Katze heran und ließen sich von ihr in der Lehre unterrichten. Nach einigen Tagen sagte Khutschin tuct, der Khaan der Mäuse: „Ah, es scheint, als würde unsere Lehrerin uns fressen. Ihr Kot ist mit Knochen und Haaren durchmengt. Geht nach Hause und holt eine Glocke!“ Und mit diesem Auftrag schickte er einige Mäuse los.
Die Mäuse liefen nach Hause und holten eine Glocke.
Zu der Katze sagten sie:
„Nehmen Sie bitte diesen Schmuck von uns an.“ Mit diesen Worten legten sie ihr die Glocke um den Hals. Khutschin tuct sprach zu seinen Mäusen: „Nachdem die heutige Unterweisung beendet ist, gehen wir nacheinander hinaus. Wenn die Glocke klingeln sollte, drehen wir uns alle um und laufen zurück!“
Nachdem der Unterricht an diesem Tag vorbei war, gingen die Mäuse also gemeinsam hinaus, als plötzlich die Glocke erklang.
Die Mäuse rannten zurück, und da hatte die Katze eine Maus gefangen und war dabei sie zu fressen.
Khutschin tuct sprach: „Wir haben die Lügen unserer scheinheiligen, falschen Lehrerin geglaubt und nun ist die Zahl meiner armen Mäuse unglücklicherweise arg dezimiert.“ Und so zogen die Mäuse an einen anderen
Ort.
Die Katze dachte reuevoll bei sich: „Wenn ich meinen Kot versteckt hätte, wer wäre mir dann je auf die Schliche gekommen?“ Und seither, so wird erzählt, verscharren die Katzen ihren Kot.