Diesen Brief fand ich gestern bei der Messe in Sindelfingen für 0,50 € in einer Grabbelkiste:
Der Beleg wurde adressiert "Dem Past. Baalmann Hochehrwürden zu Emsbüren Amt Rheine" (Past. = Pastor) und als Sendungsart wurde "Großh. Kirch Sache" = Großherzogliche Kirchensache angegeben.
Zum Empfänger habe ich im Internet folgende Informationen gefunden:
Rudolph Baalmann, 1754 in Düthe geboren, 1785 - 1833 Pfarrer in Emsbüren.
Über Rudolph Baalmann lässt sich vieles berichten. Das liegt nicht nur daran, dass wir der Gegenwart näher kommen; er war eine herausragende Persönlichkeit, und zwar in vielfacher Hinsicht.
Im Jahre 1777 wurde er in Münster zum Priester geweiht; in den ersten acht Jahren seines Priestertums war er Gymnasiallehrer in Coesfeld und in Münster.
1785 wurde er Pfarrer der St. Andreas-Gemeinde Emsbüren, die damals noch zum Bistum Münster gehörte.
Hier erlebte er die Wirren der Napoleonischen Zeit, dann 1812 eine politische Neuordnung, durch die Emsbüren dem Königreich Hannover zugeschlagen wurde, und als Konsequenz daraus 1824 die kirchliche Eingliederung in das Bistum Osnabrück.
Pastor Baalmann war ab 1824 Dechant der vom Bistum Münster abgetrennten Pfarreien.
Sein Wirken in Emsbüren wird ausführlich gewürdigt im Buch "Saxlinga - Kirchspiel - Gemeinde; 1175 Jahre Emsbüren - Im Auftrage der Gemeinde Emsbüren herausgegeben von Christine Hermanns, Emsbüren 1994", und zwar auf den Seiten 120ff. und Seite 329.
Sein Totenzettel - er trägt deutlich die Handschrift seines ebenfalls wissenschaftlich interessierten Kaplans und späteren Nachfolgers Dr.theol.h.c. Albert Deitering - gibt Einblick in sein Leben, in sein Wirken, in seine Chancen, in seine Geistesgaben, vielleicht auch in seine Grenzen. "Ein entschiedener Hang zu wissenschaftlicher Bildung hielt ihn fast immer zu Hause, und eine der vielen Folgen davon war ein Gichtübel an den Füßen.......".
Geboren wurde Rudolph Baalmann am 10.Juli 1754 in Düthe; wenige Tage später, am 13.Juli 1754, wurde er in Lathen getauft. Im Taufbuch sucht man ihn vergeblich unter dem Namen Baalmann. Sein Vater, Wilcke Baalmann, hatte am 17.November 1737 die fast einundzwanzigjährige Anna Catharina Elisabeth Nankemann geheiratet. Die beiden ersten Kinder aus dieser Ehe werden in Fresenburg geboren, wohl noch auf der Hofstelle Baalmann, die folgenden Kinder aber in Düthe und dort offensichtlich auf der Hofstelle Nankemann (siehe Status Animarum von 1749).
1754, als Rudolf geboren wurde, war vergessen, dass sein Vater eigentlich ein Baalmann war; er war durch Einheirat auf den Hof Nankemann gekommen, und so finden wir für Rudolph und seine nachgeborene Schwester Maria Catharina, die ihm später in Emsbüren bis zu ihrer Heirat den Haushalt führt, als Eltern angegeben:
Wilcke Nankemann und Anna Catharina Nankemann. Dass Rudolph dann doch später Baalmann heißt, wird mit rechtlichen Vorgaben zu erklären sein. Sein älterer Bruder, der auf dem Hof bleibt, der bei der Taufe noch Baalman heißt, erscheint später nur unter dem Namen Nankemann, ebenso dessen Nachkommen.
In den Jahren 1720 bis 1740 entsteht ein schwer durchschaubares Geflecht der Familien Baalmann und Nankemann, das noch einer genauen Untersuchung bedarf. Anna Catharina Elisabeth Nankemann, 1716 geborene Tochter des Hermann Nankemann aus erster Ehe, war eine Halbschwester des späteren Pfarrers Hermann Heinrich Nankemann. Sie heiratet, wie schon erwähnt, am 17.November 1737 Wilcke Baalmann; dieser ist der jüngere Bruder ihrer Stiefmutter. Am selben Tag heiratet Conrad Nankemann eine Catharina Baalmann - eine Doppelhochzeit unter Verwandten, sicher kein Zufall.
Hermann Heinrich Nankemann, der Pfarrer von Rhede, bedenkt in seinem Testament auch Rudolph Baalmann. "Meinem Herrn Vetter Rudolph Baalmann Pastoren zu Emsburen vermache ich zum Andenken meine Teusch-Lateinische Bibel", so schreibt der Notar C.G.Conen nach Diktat. Das ist sicher auch ein Zeichen des guten Einvernehmens innerhalb der Verwandtschaft.
Auf dem Hof Brüse in Düthe, das ist die alte Hofstätte Nankemann, werden mehrere Briefe aufbewahrt, die Pfarrer Rudolph Baalmann als Berater der Familie in wirtschaftlichen Angelegenheiten, als Rechtsbeistand, als Mitleidenden bei Krankheiten, als Tröster in der Trauer, überhaupt als am Wohl und Wehe des elterlichen Hofes interessiertes und besorgtes Familienmitglied zeigen.
In einem Brief vom 24.September 1823 z.B. beantwortet Pfarrer Rudolph Baalmann, zu dem Zeitpunkt 69 Jahre alt, einen Klagebrief seines Neffen Johann Wilhelm Nankemann, damals 52 Jahre alt, der schon länger kränkelt und deshalb eher pessimistisch in die Zukunft schaut. "Wenn du den Brief noch eigenhändig geschrieben hast", so schreibt er ihm humorvoll und aufmunternd, "so muss ich schließen, dass du mich noch überleben kannst".
Der Neffe hatte ihn in seinem Brief zur Hochzeit seiner einzigen Tochter eingeladen. Rudolph Baalmann nimmt die Einladung an und gibt zu erkennen, dass er sich über die gute Wahl freut. - "Du hast deine Tochter hoch angebracht" - zugleich aber erinnert er seinen Neffen daran, dass er nicht nur diese Tochter habe, die bei ihrem Abgang vom Hof sicher gut bedacht worden ist. Er schreibt ihm: "Bitten will ich dich, dahin zu sorgen, dass dein noch minderjähriger Nachfolger auf dem doppelten Erbe nicht in Verlegenheit komme." Das klingt wie eine vorsichtige und besorgte Mahnung aus der Ferne, kann aber auch als Aufmunterung für den kranken Neffen verstanden werden: "Du wirst noch gebraucht!" Es bringt nichts, darüber weiter zu spekulieren; wichtiger an diesem Zitat ist die naheliegende Schlussfolgerung aus der Rede vom "doppelten Erbe": das Erbe Baalmann zu Fresenburg ist durch Heirat ein Teil des Hofes Nankemann zu Düthe geworden. Rudolph Baalmann fühlte sich diesem Erbe verbunden.
Der Beleg stammt aus dem Großherzogtum Berg, das am 01.08.1806 vom Herzogtum zum Großherzogtum erweitert wurde.
Nach der Abdankung des Königs von Holland am 01.07.1810 war das Großherzogtum Berg einige Tage lang in Personalunion mit dem Königreich Holland verbunden, weil infolge der Abdankung seines Vaters der fünfjährige Großherzog von Berg auch König von Holland geworden war. Diese Personalunion fand ihr rasches Ende durch die französische Annexion Hollands am 09.07.1810. Das Großherzogtum blieb zunächst von einer Annexion verschont.
Erst am 13.12.1810 beschloss der französische Senat zur Durchsetzung der Kontinentalsperre die Einverleibung der klevischen und bergischen Gebiete nördlich der Lippe.
Somit muß dieser Beleg aus der Zeit zwischen dem 01.08.1806 und 13.12.1810 stammen.
Liebe Grüße
Rüdiger2336